Eine Frage, die ich gerne im Unterricht stelle: „Wie beurteilst du dein Pferd im Moment?“
Zu 90% beginnt die Antwort darauf mit folgenden Worten: „Also was mir NICHT gefällt…“
Darauf hin stellt sich mir die Frage, warum so viele Menschen immer zuerst das Negative sehen? Wenn dann noch Platz für ein paar Worte ist, kommt ein beiläufiger Kommentar wie zum Beispiel: „Aber die Kopfposition gefällt mir ganz gut.“
Grundsätzlich ist es ja nicht verkehrt seinem Trainer mitzuteilen, was einem nicht gefällt, denn dafür sind wir Trainer ja da. Eben um für Verbesserungen einzustehen. Bloß leider zieht sich diese Einstellung bei vielen durch das gesamte Pferdetraining. Statt sich über die Dinge zu freuen, die funktionieren und dann eben genau diese Dinge zu Loben, wird den negativen Aspekten so viel Aufmerksamkeit geschenkt, dass für das Lob in den guten Momenten kaum Zeit bleibt. Dabei schafft es eine viel freundlichere Atmosphäre die positiven Aspekte hervorzuheben.
Wenn ein Pferd merkt, dass es für bestimmte Handlungsweisen ein Lob bekommt, wird es beginnen für ein Lob zu kämpfen. Wichtig ist nur das Timing für das Loben und die Art und Weise wie das geschieht. Loben mit Leckerlis zum Beispiel zählt nicht zu meinen Favoriten. Ich möchte nicht, dass mein Pferd anfängt für Leckerlis zu arbeiten. Aber ich denke das ist ein oft diskutiertes Thema und würde hier jetzt den Rahmen sprengen.
Ein gutes Lob in meinen Augen ist zum Beispiel ein „streicheln“ am Hals oder auf der Kruppe. Da kommt man auch vom Sattel aus gut ran und das wichtigste ist, dass geht auch im korrekten Timing.
Mal angenommen ich möchte, dass mein Pferd sich schön und in einer guten Haltung auf dem Zirkel lenken lässt und möchte es genau dafür loben wenn es gut läuft. Ist es dann sinnvoll das Pferd anzuhalten und es dann mit einer Pause und Streicheleinheiten zu loben?
Nein, denn ich möchte es nicht für sein Anhalten loben, sondern für seine Zirkel, also lobe ich auch GENAU DANN wenn es gut läuft. Das Timing und die Art und Weise sind sehr ausschlaggebend für gutes Pferdetraining. Einem Menschen kann man erklären: „Ej, das, was du da vorhin gemacht hast, war gut, weil…“ Bei einem Pferd muss eine solche Aussage SOFORT kommen. Sprich ein gutes Lob ist nicht immer eine Pause sondern viel mehr die Entspannung im Manöver. Die Zügel lang zu bekommen, sich strecken zu dürfen und dann noch eine Streicheleinheit am Hals zu bekommen, während das Pferd weiterhin auf dem Zirkel galoppiert, das ist in meinen Augen ein gutes Lob im richtigen Moment.
Ein Pferd denkt keine „Wenn“ – „Dann“ Verknüpfungen. Das bedeutet ein Pferd denkt nicht: „WENN ich jetzt gut auf dem Zirkel galoppiere, mir mühe gebe und mich leicht lenken lasse, DANN bekomme ich gleich eine Pause und ein Lob.“
Ein Pferd verknüpft seine Empfindungen und erstellt daraus eine eigene Realität. Sprich wenn ein Pferd zum Beispiel auf dem Zirkel arbeitet, sich anstrengt, vorwärts geht, sich versammelt trägt und im selben Moment ein Lob dafür bekommt und sich wohl fühlen darf, dann entsteht daraus in der Pferderealität ein guter Moment, den das Pferd anstrebt wieder zu erleben, weil es sich gut angefühlt hat.
Sprich, wenn euer Pferd sich mühe gibt, belohnt es genau in diesem Moment mit einem guten Gefühl. Das wirkt viel viel mehr, als Pause und Leckerli.